Reduzierung der Gewerbemiete


26.03.2021


Wer einen Gewerbemietvertrag geschlossen hat, das Geschäfte aber aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin geschlossen bleiben muss, kann die vereinbarte Miete für den Zeitraum der Schließung und des damit verbundenen Umsatzrückganges anpassen oder den Mietvertrag kündigen, wenn eine Anpassung nicht möglich oder unzumutbar ist.

In dem folgenden Beitrag erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist.


I. Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB

Nach § 313 Abs. 1 BGB müssen sich die Umstände, die Grundlage des Vertrages geworden sind, nachträglich schwerwiegend ändern und eine Festhaltung am unveränderten Vertrag unzumutbar machen.


1. Schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage

Die Geschäftsgrundlage muss sich schwerwiegend verändert haben. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass beispielsweise die Gastronomie oder die Hotels in Deutschland aufgrund der anhaltenden Schließung und dem damit verbundenen Umsatzrückgang vor ganz erhebliche wirtschaftliche Probleme gestellt werden, wenn eine Verpflichtung zur Zahlung der unveränderten Miete weiterhin besteht. Insoweit hat der Gesetzgeber die Regelung des Art. 240 § 7 EGBGB geschaffen. Hiernach wird vermutet, dass sich die Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB schwerwiegend verändert hat, wenn Gewerbeimmobilien aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind.

Muss beispielsweise ein Geschäft aufgrund einer Corona-Verordnung geschlossen bleiben, wird vermutet, dass sich die Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB schwerwiegend verändert hat. Diese Vermutung ist allerdings widerleglich. Beispielsweise wenn der Mietvertrag erst nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020 geschlossen wurde.

Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des Art. 240 Abs. 7 EGBGB die Verhandlungsposition des Mieters stärken wollte.


2. Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag

Selbst wenn eine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage, die ja nun durch Art. 240 Abs. 7 EGBGB vermutet wird, vorliegt, muss der Mieter darlegen und beweisen, dass es ihm unzumutbar ist, an dem Vertrag in der unveränderten Form festzuhalten. Die Unzumutbarkeit setzt voraus, dass das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Hierbei müssen allerdings die Interessen der Mieters und des Vermieters umfassend abgewogen werden. Im Ergebnis muss der Mieter jedenfalls darlegen, dass ohne die Vertragsanpassung eine Existenzgefährdung eintreten würde. Hierzu muss der Mieter auch aufzeigen, dass ihm keine andere Möglichkeit bleibt, den Umsatzrückgang oder die laufenden Kosten zu reduzieren und beispielsweise die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen nicht geeignet ist, die Existenzgefährdung zu beseitigen.


3. Rechtsfolge

Liegen die Voraussetzungen vor, steht dem Mieter ein Recht zur Vertragsanpassung zu. Hierzu muss der Mieter allerdings vorerst in Verhandlungen mit dem Vermieter treten. Erst wenn diese gescheiter sind, kann der Mieter die Vertragsanpassung gerichtlich geltend machen.Im welchen Umfang die Miete zur reduzieren ist, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Der Umfang bestimmt sich maßgeblich durch die Zumutbarkeit. Um diese festzustellen, müssen die Interessen von Mieter und Vermieter umfassend abgewogen werden. Grundsätzlich sollte eine Lösung in Gestalt einer möglichst geringen Herabsenkung der Miete gesucht werden.

Nach § 313 Abs. 3 BGB kann der Mietvertrag gekündigt werden, wenn eine Anpassung des Vertrages nicht möglich oder nicht zumutbar ist.Das bedeutet, dass die Kündigung des Gewerbemietvertrages für den Mieter die einzige Möglichkeit sein muss, die Existenzgefährdung abzuwenden. Diese Voraussetzungen dürften allerdings äußerst selten erfüllt sein, da es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, die finanzielle Situation des Mieters zu verbessern. Führt also beispielsweise eine Reduzierung der Miete zu einem Wegfall der Existenzgefährdung, besteht für die Kündigung kein Raum.Um kündigen zu können, muss der Mieter also darlegen, dass die Existenzgefährdung selbst bei einer maximalen Reduzierung der Miete weiterhin bestehen bleibt. Dies dürfte denkbar schwierig sein.


II. Fazit:

Durch die Regelung des § 313 BGB wird der Grundsatz „pacta sunt servanda“(Verträge sind einzuhalten) durchbrochen. Grundsätzlich haben sich Mieter und Vermieter im Rahmen der Vertragsfreiheit auf eine monatliche Miete geeinigt, also ausdrücklich einverstanden erklärt. Wenn sich nun nachträglich Umstände schwerwiegend ändern, soll grundsätzlich an dem Vertrag festgehalten werden, allerdings kann der Vertrag dann unter Umständen angepasst werden. Die stattlich angeordnete Schließung ganzer Gewerbebereiche, wie beispielsweise Hotel und Gastronomie, über einen langen Zeitraum führt dazu, dass die Betroffenen keinerlei (oder nur ganz geringe) Umsätze machen, zur Zahlung der laufenden Verbindlichkeiten aber voll verpflichtet bleiben. Um dieses Problem zumindest in den Ansätzen zu lösen, hat der Gesetzgeber die Vermutung des Art. 240 § 7 EGBGB geschaffen und den Mietern von Gewerbeimmobilien ein Argument für die Verhandlungen mit dem Vermieter an die Hand gegeben.

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Jonathan zur Nieden

Rechtsanwalt Fachanwalt für Versicherungsrecht Anschrift: Große Theaterstraße 7 20354 Hamburg
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