Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?


04.06.2020

Kurzarbeit bedeutet die vorrübergehende Verringerung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Herabsetzung des Arbeitsentgeltes beispielsweise aufgrund mangelnder Auftragslage.


Aufgrund der derzeitigen Situation (Corona-Pandemie) besteht von Seiten der Arbeitgeber ein nachvollziehbares Bedürfnis, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter sowie deren Arbeitsentgelt zu reduzieren.


Dies kann grundsätzlich durch die Anordnung von Kurzarbeit erreicht werden.Grundsätzlich benötigt der Arbeitgeber hierfür aber eine rechtliche Grundlage. Diese kann beispielsweise in dem Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung zu finden sein. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei Fehlen einer solchen Regelung nicht einseitig Kurzarbeit anordnen darf. Vielmehr bedarf es hierzu dann einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer.


Dabei ist der Arbeitnehmer allerdings nicht verpflichtet, dem Verlangen des Arbeitgebers nach Kurzarbeit, also der Verkürzung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, nachzukommen. Allerdings kann es als konkludentes Einverständnis des Arbeitnehmers gesehen werden, wenn dieser die verringerte Arbeitsleistung widerspruchslos hinnimmt und erbringt. Zu beachten ist für den Arbeitnehmer jedoch, dass der Arbeitsgeber unter Vorliegen der Voraussetzungen, auch unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist, eine Änderungskündigung „aussprechen“ kann, wenn sich der Arbeitnehmer nicht mit der Kurzarbeit einverstanden erklärt. Bei einer Änderungskündigung wird das bestehende Arbeitsverhältnis beendet, gleichfalls aber ein neues Arbeitsverhältnisses, dann aber zu geänderten Bedingungen, hier also eine kürzere Arbeitszeit und ein verringertes Entgelt, angeboten.


Insoweit ist es stehst ratsam zu prüfen, ob dem Verlangen des Arbeitgebers nach Kurzarbeit nicht doch zugestimmt werden sollte. Der Vorteil liegt darin, dass die Verringerung der Arbeitszeit nur für einen gewissen Zeitraum erfolgt und die volle Arbeitsleistung nach Besserung der wirtschaftlichen Lage wieder vollumfänglich erbracht werden kann. Zudem kann der Arbeitnehmer während der Kurzarbeitszeit das sog. Kurzarbeitergeld, welches in §§ 95 ff SGB III geregelt ist, erhalten. Das Kurzarbeitergeld wird von der Bundesagentur für Arbeit geleistet und beträgt in der Regel 60 % des Nettoverdienstausfalles. Das Kurzarbeitergeld wird in der Regel maximal für 12 Monate gezahlt.


Erhält der Arbeitnehmer beispielsweise ein reguläres Nettoarbeitsentgelt von 1.000,00 Euro und kommt es aufgrund der Kurzarbeit zu einer Reduzierung um 500,00 Euro, bekommt der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber weiterhin 500,00 Euro. Die Agentur für Arbeit gleicht den Verdienstausfall von 500,00 Euro mit dem Kurzarbeitergeld von 300,00 Euro (= 60 % von 500,00 Euro) aus. Im Ergebnis erhält der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit also insgesamt 800,00 Euro. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Kurzarbeitergeld beispielsweise bei der Berechnung von Elterngeld keine Berücksichtigung findet.


Vor diesem Hintergrund ist reiflich zu überlegen, ob dem nachvollziehbaren Verlangen des Arbeitgebers nach Kurzarbeit nachzukommen ist.

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Jonathan zur Nieden

Rechtsanwalt Fachanwalt für Versicherungsrecht Anschrift: Große Theaterstraße 7 20354 Hamburg
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